Hedwig Kettler-Lecture
Die Hedwig Kettler-Lecture der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe ist ein öffentliches Veranstaltungsformat, das sich seit 2018 einmal jährlich allgemeinen Fragen der Lehr-Lern-Forschung widmet. Das Thema ihres Vortrags wählen die eingeladenen Referentinnen und Referenten selbst. Die Lecture erinnert an Hedwig Kettler, eine Frauenrechtlerin und Pionierin der Mädchenbildung, die 1893 in Karlsruhe das erste deutsche Mädchengymnasium gründete.
Learning to Learn
Many students are never taught the reasons why some common approaches to learning are more or less effective.Prof. Amy Masnick
Referentin der Hedwig Kettler-Lecture 2023 war Amy Masnick, Professorin für Psychologie an der Hofstra University New York (USA). Thema ihres englischsprachigen Vortrags am 14. Juni war "Learning to Learn".
In ihrem Vortrag stellte sie ein erfolgreiches Lehr- und Forschungsprojekt vor, das zum Ziel hatte, Studierenden in der Studieneingangsphase explizites Wissen über das Lernen (zum Beispiel zur Neuroplastizität des Gehirns) zu vermitteln. Dieses Thema ist für die PHKA als bildungswissenschaftliche Hochschule besonders relevant. Denn nicht alle Erstsemester im Bereich Lehramt kennen Strategien für erfolgreiches Lernen bereits aus ihrer Schulzeit. Später sind sie als Lehrer:innen aber dafür verantwortlich, anderen das Lernen „beizubringen“.
Abstract des Vortrags von Amy Masnick:
"We often assume that by the time students reach high school or college, they know how to study and learn. However, many students are never taught the reasons why some common approaches to learning are more or less effective. In this talk, I will discuss a Learning to Learn course I co-taught, and the associated research project. We taught undergraduate college students basic principles of neuroscience (e.g., the plasticity of the brain) and cognitive psychology (e.g., processes of memory). In addition to this background knowledge, we summarized results from experiments to distinguish between more or less effective strategies for learning, and related best practices (e.g., the importance of belonging, the role of stress and of sleep).
Students applied these strategies to coursework in other classes they took that semester, with metacognitive reflection prompts as part of the process. At the end of the semester, students who took the Learning to Learn course expressed a stronger growth mindset and felt more in control of their learning than students who did not take the course. They also reported continuing to apply the strategies in later semesters. This work adds to a growing literature indicating the value of explicitly instructing students in the mechanisms of learning, to apply across disciplines."
Joining the Resistance: The Need for a Different Voice
It is important to include the voices, experiences and courage of young high school students in developmental psychology.Prof. Dr. Carol Gilligan
Referentin der Hedwig Kettler-Lecture 2021 war die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Carol Gilligan. Die Online-Vorlesung fand am 15. Dezember 2021 statt.
Unter dem Titel „Joining the Resistance: The Need for a Different Voice“ (Sich dem Widerstand anschließen: Warum wir eine andere Stimme brauchen) sprach die 1936 geborene Wissenschaftlerin über unsere „Verbindungskrise“ und die von ihr begründete Methode des radikalen Zuhörens. International bekannt wurde die Professorin für Geisteswissenschaften und Angewandte Psychologie (New York University) für ihre Forschungen zur moralischen Entwicklung von Mädchen und Frauen.
Bildungsgerechtigkeit heute. Aktuelle Herausforderungen und Aufgaben
Bildungsgerechtigkeit ist entscheidend, um eine demokratische Gesellschaft gelingen zu lassen.Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Susanne Baer
Referentin der Hedwig Kettler-Lecture 2020 war Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Susanne Baer. Sie sprach über „Bildungsgerechtigkeit heute. Aktuelle Herausforderungen und Aufgaben“. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Vortrag der Juristin ohne Publikum aufgezeichnet und steht hier als Video zur Verfügung.
Prof. Dr. Susanne Baer warf unter der Leitfrage „Was ist gerecht?“ unter anderem einen Blick auf den Kopftuchstreit, das Thema Inklusion oder die so genannten Lehrerpranger und sie begrüßte, dass Corona und Homeschooling die immer aktuelle Frage nach der Integration ärmerer Kinder aufgeworfen haben. Zwar komme der Begriff Bildungsgerechtigkeit im Grundgesetz nicht vor, „aber Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit gelten auch in der Bildung“, sagte die Verfassungsrichterin. Bildungsgerechtigkeit sei entscheidend, um eine demokratische Gesellschaft gelingen zu lassen. Ja, eine demokratische Gesellschaft der Freien und Gleichen sei ohne Bildung nicht möglich.
„Gewinnbringend für die Zukunft“ und ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit sei es deshalb auch, über Menschenrechte zu bilden, Wissen über die Menschenrechte zu vermitteln. Dabei sei europäisch und mit internationaler Perspektive zu denken. „Das müssen wir ausbauen“, sagte Prof. Dr. Susanne Baer. Bildung sei ein Schlüsselrecht – und jeder Mensch solle wissen, dass er das Recht hat, Bildungsgerechtigkeit einzufordern.
Wie wirksam sind Lehr-Lern-Labore?
Lehr-Lern-Labore motivieren Studierende und können Selbstwirksamkeitserfahrungen steigern.Prof. Dr. Burkhard Priemer
Referent der Hedwig Kettler-Lecture am 3. April 2019 war Prof. Dr. Burkhard Priemer. Der Professor für Didaktik der Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin sprach über „Lehr-Lern-Labore – Konzepte und Forschung aus dem Blickwinkel der MINT-Fächer“.
In Lehr-Lern-Laboren sollen Studierende in komplexitätsreduzierten Lernumgebungen mit Schülerinnen und Schülern Kompetenzen erwerben, die für ihren späteren Beruf wichtig sind: etwa Planen, Handeln, Wahrnehmen, Analysieren und Reflektieren. Diese Theorie-Praxis-Verzahnung in der Lehre soll außerdem fachdidaktisches Wissen, Selbstwirksamkeitserwartungen, Studieninteressen und Selbstkonzepte fördern. Der Vortrag von Prof. Dr. Burkhard Priemer gab einen Überblick, inwieweit das gelingt – auf Basis naturwissenschaftsdidaktischer Forschung überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum.
Warum bleibt MINT eine männliche Domäne?
Seit längerer Zeit bemüht man sich weltweit darum, mehr Mädchen und Frauen für mathematisch-naturwissenschaftliche und technische Fächer und Berufe zu gewinnen. Der Erfolg bleibt mässig, und wir sind weit von Patentrezepten entfernt.Prof. Dr. Elsbeth Stern
Die erste Hedwig-Kettler-Lecture hielt am 13. Juni 2018 Prof. Dr. Elsbeth Stern von der ETH Zürich. Die Psychologin widmete sich der Frage „Warum bleibt MINT eine männliche Domäne?“. Prof. Dr. Stern, die zu den führenden Intelligenzforscherinnen zählt, stellte neuere Forschung zu Geschlechtsunterschieden vor und zeigte evidenzbasierte Wege auf, wie Schulen die Kompetenzen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern bei Mädchen und Jungen stärken können.