Social Entrepreneurship: Studierende konzipieren App für Wohnungslose mit großem sozialem Mehrwert

Einmal pro Jahr bietet die Wirtschaftsdidaktikerin Prof. Dr. Dr. h. c. Claudia Wiepcke an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe ein Seminar an, in dem angehende Lehrerinnen und Lehrer sowie Studierende anderer Fachrichtungen Prototypen für soziale Geschäftsideen mit lokalem Bezug entwickeln. Dieses Sommersemester stand das Thema Wohnungslosigkeit im Fokus.

Prof. Dr. Dr. h. c. Claudia Wiepcke (l.) mit Sozialarbeiterinnen und Sozialplanerin Regina Heibrock (2.v.l.) im Tagestreff für Frauen. Foto: David Manherz / Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Prof. Dr. Dr. h. c. Claudia Wiepcke (l.) mit Sozialarbeiterinnen und Sozialplanerin Regina Heibrock (2.v.l.) im Tagestreff für Frauen. Foto: David Manherz / Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Laut einer Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe waren 2018 bundesweit 678.000 Menschen ohne Wohnung. Die Mieten steigen und Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen ist knapp. Auch in Karlsruhe. Studierende der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe haben deshalb in einem Seminar die Situation Betroffener vor Ort in den Blick genommen und Prototypen für soziale Geschäftsideen entwickelt, die Wohnungslose unterstützen können.

Problemlösungen systematisch angehen

Im Laufe des Sommersemesters haben die Studierenden mit Prof. Dr. Dr. h. c. Claudia Wiepcke, Leiterin des Instituts für Ökonomie und ihre Didaktik, durchgespielt, wie es wäre, mit einer sozialen Geschäftsidee für Wohnungslose an den Start zu gehen. „Die praktische Entwicklung einer eigenen sozialen Geschäftsidee soll Studierende dafür sensibilisieren, nach dem Studium eine eigene Selbständigkeit in Betracht zu ziehen und nachhaltige Problemlösungen systematisch anzugehen,“ erläutert Prof. Wiepcke.

Dieses Mal erarbeiteten fünf Gruppen nachhaltige Geschäftsideen, konzipierten eine Website und eine App, drehten Werbevideos und erstellten Unterrichtsmaterial. Im Corona-Sommersemester wurde alles digital umgesetzt, Treffen in Präsenz im Seminar oder für die Projektarbeit waren nicht möglich. Ihre Ergebnisse haben die Studierenden per Videokonferenz einer Jury präsentiert, der neben Institutsmitgliedern auch Dr. Martin Lenz, Sozialdezernent der Stadt Karlsruhe, und Sozialplanerin Regina Heibrock angehörten.

Die Hilfe finden, die gebraucht wird

Gekürt hat die Jury zwei erste Sieger. Didaktisch überzeugen konnte die „Feuerstelle“ von Melanie Meder, Marlena Schlarmann, Yannick Singler und Anne-Sophia Ten Brink. Die vier Studierenden hatten die Idee, Obdachlosen mit Hilfe von gespendeten Lebensmitteln und dem Einsatz Freiwilliger die Möglichkeit zu geben, ihre Mahlzeiten an einem Ort mit Unterstützung selbst zuzubereiten. Im Hinblick auf den tatsächlichen Bedarf hatte eine von Sophie Neunaber und Sven Käshammer konzipierte App die Nase vorn. Sie überzeugte vor allem Bürgermeister Lenz, der die Idee in Karlsruhe umsetzten möchte. Intention der App ist es, Wohnungslosen zielgruppenspezifische Informationen, Tipps und eine Plattform für den Austausch zur Verfügung zu stellen. „Die Suche nach richtigen Hilfsangeboten kostet viel Kraft“, so die beiden Studierenden. Deshalb sei es wichtig, dass Betroffene schnell und unkompliziert „die Hilfe finden, die sie brauchen“.

Wohnungslosigkeit ein Dauerthema

Bürgermeister Lenz unterstreicht: „Diese Idee hat einen hohen sozialen Mehrwert, weil sie einer ausgegrenzten Gruppe Teilhabe ermöglicht.“ Zu Beginn des Semesters hatten Lenz und Heibrock den Studierenden per Webmeeting einen Überblick zum Thema Wohnungslosigkeit in Karlsruhe gegeben, und sie informiert, dass die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten viel unternommen habe. Die Versorgung benachteiligter Personen am Wohnungsmarkt sei allerdings weiterhin ein Dauerthema. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Familien mit geringen Einkünften und Menschen mit Migrationshintergrund.

Speziell mit der Situation wohnungsloser Frauen haben sich drei Studentinnen beschäftigt. Ihre Idee zielt darauf ab, Betroffenen durch Produktspenden von Unternehmen kostenlos Hygieneartikel für die Monatsblutung zur Verfügung zu stellen. Mit dem Onlineshop EIS konnte auch ein Kooperationspartner gefunden werden, der einhundert Menstruationstassen zur Verfügung stellte. Verteilt wurden die Tassen unter anderem im Tagestreff für Frauen (TafF), einem Projekt des Karlsruher Vereins Sozialpädagogische Alternativen. Mit den TafF-Sozialarbeiterinnen will Prof. Wiepcke auf jeden Fall in Kontakt bleiben, denn nächstes Jahr wird sie wieder ein Social Entrepreneurship-Seminar anbieten, in dem Studierende soziale Geschäftsideen für Karlsruhe entwickeln.

Pressemitteilung als pdf

  regina.schneider@vw.ph-karlsruhe.de