Qualitative Forschungsansätze und interdisziplinäre Zusammenarbeit gestärkt
Internationales Methodenlehre-Treffen Qualitative Psychologie an Pädagogischer Hochschule Karlsruhe

Teilnehmende des Internationalen Methodenlehre-Treffens Qualitative Psychologie 2018 an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Foto: Pädagogische Hochschule Karlsruhe
Austausch und Vernetzung standen im Mittelpunkt des 18. internationalen Treffens des Center for Qualitative Psychology, zu dem vom 13. bis 15. April rund 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA, Japan, Spanien, Großbritannien und Deutschland an die Pädagogische Hochschule Karlsruhe gekommen waren. Auf dem englischsprachigen Programm standen Vorträge, eine Postersession sowie Forschungsberatung für Doktorandinnen und Doktoranden. Den Eröffnungsvortrag hielt mit Prof. Ph. D. Joseph Alex Maxwell (George Mason University, Virginia/USA) ein renommierter Experte, der zwei vielbeachtete Bücher veröffentlicht und mehr als 100 Promotionsarbeiten betreut hat.
Kooperative Atmosphäre
„Mit unserem Treffen haben wir sowohl qualitative Forschungsansätze in der Psychologie als auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter gestärkt“, zieht Organisatorin Prof. Dr. Mechthild Kiegelmann vom Institut für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe eine positive Bilanz der Veranstaltung. Die Professorin für Sozialpsychologie und Sozialpädagogik freut sich über die große Bandbreite an Forschungsansätzen und -methoden und auch darüber, dass bei dem Treffen in einer wertschätzenden und kooperativen Atmosphäre zusammengearbeitet wurde.
So konnten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in vier Workshops ihre aktuellen Arbeiten vorstellen, sich mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen auf Augenhöhe austauschen und konkrete Fragen der Forschungsmethoden diskutieren. Es ging um Forschungsthemen wie Gender und Essstörungen, Islamunterricht, Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern oder die Entwicklung digitaler Kompetenzen von Studierenden. Und beim sogenannten „research consulting“, der Forschungsberatung, hatten die Doktorandinnen und Doktoranden Gelegenheit Fragen zu stellen zum Vorgehen in Interviewsituationen, zur Weiterentwicklung von Theorien oder zum Forschungsdesign.
„Das Treffen war wirklich erfolgreich, weil Forschungsansätze konstruktiv diskutiert wurden und wir wichtige Hinweise erhalten haben, um weiterarbeiten zu können“, so Franziska Müller, die an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe über internationales Freiwilliges Engagement und Identitätsentwicklung promoviert.
Für Dialog von quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen
Prof. Ph. D. Joseph Alex Maxwell beleuchtete in seinem Eröffnungsvortrag, wie sich qualitative und quantitative Forschungsansätze im Laufe der Zeit entwickelt haben. Er rekonstruierte die Vorherrschaft quantitativer Traditionen und wies auf die Stärken qualitativer Forschung hin: Durch sie lassen sich beispielsweise soziale Prozesse und Kontexte psychologischer Phänomene besser verstehen. Maxwell plädierte für einen Dialog zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen. Es gebe keine Standardlösungen, sondern komme auf das jeweilige Projekt an, so der Wissenschaftler.
Auch Prof. Dr. Mechthild Kiegelmann hat einen kooperativen Blick auf „mixed methods“-Ansätze und hofft darauf, dass es in Zukunft mehr Projekte geben wird, „in denen quantitativ und qualitativ auf Augenhöhe zusammengearbeitet wird, damit so die jeweiligen Forschungsfragen im Mittelpunkt stehen.“
Begrüßt hatte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Freitag die Präsidentin des Center for Qualitative Psychology, Prof. Dr. Karin Schweizer, Prorektorin für Forschung der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Das Treffen des Center for Qualitative Psychology findet jährlich bzw. alle zwei Jahre statt, auch Finnland oder Spanien waren schon Gastgeber. An der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe wurde das Treffen zum zweiten Mal ausgerichtet
Was ist qualitative Psychologie?
In dieser Richtung der Psychologie stehen die subjektiven Perspektiven von Individuen im Mittelpunkt. Qualitative Forschungsansätze bereichern herkömmliche Ansätze in der Psychologie und anderen Disziplinen. Konkrete Anwendung finden sie beispielsweise in der Theoriebildung oder dem tiefergehenden Verständnis von sozialen Prozessen. In „mixed methods“-Ansätzen können sich quantitative und qualitative Ansätze positiv ergänzen, etwa wenn es um ein tiefes Verstehen in der Wissensvermittlung geht.
Center for Qualitative Psychology
Das Center for Qualitative Psychology wurde 1999 in der Abteilung Pädagogische Psychologie der Universität Tübingen gegründet, um qualitative Forschungsmethoden für die wissenschaftliche Psychologie weiterzuentwickeln und zu verbessern. Das Zentrum hat sich insbesondere zur Aufgabe gestellt, Standards von qualitativen Methoden im Bereich der Psychologie für sozial engagierte, handlungsorientierte Forschung zu fordern und zu fördern. Dabei soll innerhalb der deutschsprachigen Psychologie auf die seit den 50er Jahren bestehende Tradition qualitativ-psychologischer Forschung aufgebaut werden und es sollen beispielsweise Verfahren der Beobachtung, der Introspektion, verschiedene Formen des Interviews oder des Lauten Denkens in der psychologischen Forschung genutzt werden. www.qualitativepsychology.com
Infos zum Institut für Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe stehen auf www.ph-karlsruhe.de zur Verfügung.