Bewusstsein für mehrsprachliche Bildung schaffen

Neujahrsempfang der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe zum Thema Mehrsprachigkeit / Projekt „MeLA“ stellt Lehrerinnen und Lehrern kostenlos Unterrichtsmaterialien zur Verfügung

Beim Neujahrsempfang 2019 (v.l.): Prof. Dr. Götz Schwab, Emmanuel Breite, Dr. Nicole Bachor-Pfeff und Prof. Dr. Heidi Rösch. Foto: David Manherz / Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Beim Neujahrsempfang 2019 (v.l.): Prof. Dr. Götz Schwab, Emmanuel Breite, Dr. Nicole Bachor-Pfeff und Prof. Dr. Heidi Rösch. Foto: David Manherz / Pädagogische Hochschule Karlsruhe

Die Welt rückt zusammen. Und damit kommen sich auch die Sprachen näher. Sie beeinflussen sich, durchdringen sich, verändern sich. In der Schule, im Studium, im gesellschaftlichen Miteinander. Mehrsprachigkeit und damit ihr Profilfeld „Mehrsprachliche Bildung und Bilinguales Lehren und Lernen“ hat die Pädagogische Hochschule Karlsruhe deshalb auch in den Fokus ihres Neujahrsempfangs 2019 gerückt. Zu dem abwechslungsreichen Programm mit Vorträgen, Musik und Ehrungen begrüßte Rektor Prof. Dr. Klaus Peter Rippe am 16. Januar auch zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Darunter Kulturbürgermeister Dr. Albert Käuflein, ehemals Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule.

Möglichkeiten von Sprache

Mehrsprachige Literatur im Schulunterricht zu thematisieren, dafür sprach sich Prof. Dr. Heidi Rösch, Dekanin der Fakultät Sprach-, Literatur- und Sozialwissenschaften, in ihrem Vortrag „Poetische Mehrsprachigkeit“ aus. Und nannte als Beispiele migrationssprachige Werke, Bücher mit Mischsprache oder Werke von Autorinnen und Autoren, die sich in einer Sprache nur unperfekt ausdrücken können. „Diese Literatur spielt mit den Möglichkeiten von Sprache, setzt sie neu zusammen und zeigt Aspekte auf, wie mit Mehrsprachigkeit umgegangen werden kann“, so Rösch. Für den Einsatz im Schulunterricht bedürfe es jedoch einer „guten didaktischen Aufbereitung“.

Language-Awareness-Konzepte

Wie diese aussehen kann, zeigten Dr. Nicole Bachor-Pfeff und Emmanuel Breite vom Institut für deutsche Sprache und Literatur. Sie stellten das im Sommer 2018 abgeschlossene, mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanzierte Projekt „Mehr-sprachliche Bildung. Language-Awareness-Konzepte im Unterricht aller Fächer“ (MeLA) vor.

Im Zentrum des von Prof. Dr. Rösch geleiteten Projekts stand die Sensibilisierung für Migrationsmehrsprachigkeit auf individueller, institutioneller und gesellschaftlicher Ebene. So haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Karlsruhe, Graz und Luxemburg unter anderem ein dreitägiges Professionalisierungsmodell entwickelt, das Lehrkräfte für den bewussten Umgang mit Sprachen in Lehr-Lern-Kontexten sensibilisiert, und auch Unterrichtsmaterialien für unterschiedliche Lernniveaus erarbeitet, die Lehrkräfte kostenlos auf mela.ph-karlsruhe.de herunterladen können.

An der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe konzipiert wurde beispielsweise eine Unterrichtseinheit zum Buch „Sinan und Felix“. Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse können hier sprachreflexive Untersuchungen zur türkischen Sprache durchführen und der Frage nachgehen, wie Sprachhandeln Machtverhältnisse konstituiert.

Die Palette der im Gesamtprojekt entwickelten Materialien ist groß und reicht von „Migration – damals und heute“ oder „Handyverbot in der Schule – Ja oder nein?“ bis zu „Kreationismus und die Synthetische Evolution – ein Vergleich“. „Wir möchten durch unsere Konzepte bei den Lehrkräften aller Fächer ein Bewusstsein für mehrsprachliche Bildung schaffen“, betont Dr. Bachor-Pfeff. Dabei sei die Fortbildung von Lehrkräften und das Entwickeln von Unterrichtsmaterialien ein erster Schritt, so Emmanuel Breite. Auch die Fach-Curricula müssten reformiert werden.

Englisch als Lingua Franca

„Die Rolle des Englischen als Lingua Franca im Kontext von Mehrsprachigkeit und interkultureller Bildung“ nahm Prof. Dr. Götz Schwab vom Institut für Mehrsprachigkeit in den Blick. Der Dozent für Englische Sprachwissenschaft und Fremdsprachendidaktik machte deutlich, dass es im Fremdsprachenunterricht nicht nur um das Erlernen von Sprachen gehe, sondern auch um Austausch und interkulturelles Lernen. Englisch könne eine Brücke zur internationalen Verständigung sein, die Verständigung könne aber auch scheitern. Etwa wenn in der Kommunikation kulturelle Unterschiede nicht beachtet werden. Prof. Dr. Götz machte sich dafür stark, dass die Hochschule zehn Prozent ihrer Seminare auf Englisch, Französisch oder anderen Sprachen anbietet.

Preise

Als beste Abschlussarbeiten 2018 ausgezeichnet wurden die wissenschaftliche Hausarbeit von Celina Meister zum Thema „Intergenerationales Lernen von Grundschülern und Senioren“ und die Masterarbeit von Kathrin Kaczmarczyk zur „Intergenerationalität in Pflegeeinrichtungen“.

Für ihre sehr guten akademischen Leistungen sowie für ihr interkulturelles Engagement nahm Psychologie-Doktorandin Sasmita Rosari den „DAAD-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender an den deutschen Hochschulen“ entgegen. Auch die Pädagogische Hochschule Karlsruhe vergibt diesen Preis einmal pro Jahr. In ihrer Dissertation erforscht und diskutiert Rosari die Selbstkonzeptentwicklung geflüchteter Kinder, die lebensbedrohliche Situation erlebt haben, ihre Heimat verlassen mussten und nun in Deutschland leben.

Der Genderforschungspreis der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe ging an Marleen Linder für ihre wissenschaftliche Hausarbeit zum Thema „Gender in der Schriftsprache - aktueller Stand in Deutschland im internationalen Vergleich. Überlegungen aus soziolinguistischer und didaktischer Sicht.“

Gute Lehre und gute Forschung bilden das Fundament einer guten Hochschule. Besonders innovative Konzepte und herausragendes Engagement auf dem Gebiet der Lehre würdigt die Pädagogische Hochschule Karlsruhe mit ihrem Hochschullehrpreis. Auf Vorschlag von Studierenden und auf Beschluss des Senats ging die Auszeichnung an Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Götz Schwab und an den Physiker Ralph Hansmann. „Beide Preisträger zeichnen sich durch ein hohes Engagement, Begeisterung für ihr Fach und für ihre Studierenden aus. Sie tragen dazu bei, dass sich die Qualität der Lehre an unserer Hochschule immer weiter verbessert“, sagt Prof. Dr. Christian Gleser, Prorektor für Studium und Lehre der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.

Ehrungen

An der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe haben im Wintersemester 2018/2019 insgesamt 15 Studierende das Deutschlandstipendium erhalten. Es fördert begabte und leistungsstarke Studierende mit monatlich 300 Euro. Eine Hälfte zahlt der Bund, die andere Hälfte steuern private Förderer bei. Beim Neujahrsempfang gingen die Glückwünsche der Hochschule an: Lisa-Marie Benz, Tatjana Brenner, Gloria Goller, Lisa Jürgens, Caroline Kraus, Sabrina Kunz, Sophia Lansing, Nina Ott, Mirijam Rötten, Felicitas Katharina Siwik, Iris Trauner, Marie Tuscherer, Nicolas Wessel, Marie Witzel und Stefan Zachmann. Die Pädagogische Hochschule Karlsruhe freut sich, dass sie mit der BBBank-Stiftung, der Vector-Stiftung, der Sparkasse Karlsruhe, der Heinrich-Hertz-Gesellschaft und der b.i.g. Gruppe wieder engagierte Förderer hatte.

Beim Neujahrsempfang vorgestellt wurden auch diejenigen Studierenden der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, die im Wintersemester 2017/2018 das Baden-Württemberg-Stipendium erhalten hatten und so ein Auslandssemester an einer der Partnerhochschulen der Pädagogischen Hochschule verbringen konnten: Nico Eckhardt, Tamara Fischer, Anna Kiani, Daniel Münch, Robert Paterak, Juliette Schreiber und Natalie Staufer. Ziele waren das Hunter College New York, die University of Northern Colorado oder die Education University of Hong Kong. Das Stipendium, das von der Baden-Württemberg Stiftung ermöglicht wird, hat einen Förderrahmen von bis 1.400 Euro pro Monat.

Über das Profilfeld „Mehrsprachliche Bildung und Bilinguales Lehren und Lernen/CLIL“

Im Jahr 2017 hat die Pädagogische Hochschule Karlsruhe ihre Profilfelder festgelegt: MINT in einer Kultur der Nachhaltigkeit, Mehrsprachliche Bildung und Bilinguales Lehren und Lernen/CLIL) sowie Bildungsprozesse im Kontext von gesellschaftlicher Vielfalt und Ungleichheit. Das Profilfeld „Mehrsprachliche Bildung und Bilinguales Lehren und Lernen/CLIL“ unterstreicht die transdisziplinäre und internationale Ausrichtung der Hochschule. Lebensweltliche Mehrsprachigkeit wird hier als besondere Ressource gefördert und erforscht, auch mit Blick auf den Sachfachunterricht, im Sinne des Content and Language Integrated Learning (CLIL).

Pressemitteilung als pdf

  regina.schneider@vw.ph-karlsruhe.de