Für mehr digitale Vernetzung in der Europäischen Lehrerbildung

Tobias Ruhtenberg von der Hogskölan i Borås (University of Borås, Schweden) zeigte aktuelle Lösungen für Smartphone und Tablet

Bei seinem einwöchigen Arbeitsbesuch an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe hatte sich der erfahrene Medienpädagoge Ruhtenberg einen ganzen Abend freigehalten, um Lehrenden und Studierenden vom Stand der Digitalisierung in der schwedischen Pädagogik zu berichten. BYOD – bring your own device – war das Motto der Veranstaltung am 4. Dezember 2019, 18.15 Uhr im neuen Seminarraum 3.107. Die Kollegiale Hochschuldidaktik hatte gemeinsam mit dem europäischen Hochschul­koopera­tionsprojekt proPIC dazu eingeladen. Trotz der späten Stunde waren zahlreiche Gäste zu dem Vortrag in englischer Sprache erschienen.

Die Welt digital gestalten

Ruhtenberg erinnerte zu Beginn des Abends an die gesellschaftliche Herausforderung, die mit dem verstärkten Gebrauch digitaler Technologien einhergeht. Moderne Demokratien erlebten eine zunehmend digitale Meinungsbildung. Kulturelle Teilhabe sei ohne Lesefertigkeiten kaum noch denkbar, wie sie die UNESCO als Media and Information Literacy (MIL) beschreibe. Damit seien zugleich neue Anforderungen an Erziehung und Bildung gestellt. In der schwedischen Lehrerbildung habe man verstanden, dass diese Entwicklung alle Schulfächer betreffe, und dass didaktische Ziele und technische Lösungen immer wieder neu aufeinander abgestimmt werden müssten, von Fach zu Fach, und von Fall zu Fall. Als Medienpädagoge arbeite er deshalb seit Jahren eng mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Fachab­teilungen zusammen. Für die Lehramtsstudierenden an seiner Hochschule sei es heute bereits selbstverständlich, im Schulpraktikum min­destens eine Unterrichtseinheit je Studienfach digital durchzuführen, mit Tablets (Primarstufe) oder Note­books (Sekundarstufe). Dabei reiche es natürlich nicht aus, aus Overhead-Folien digitale Prä­senta­tionen zu machen.  Es komme darauf an, die neuen Möglichkei­ten für lebhafte, anregende Formen des Austauschs zu nutzen, zwischen Lehrenden und Lernenden, und ebenso unter den Lehrenden an Schulen und Hochschulen.

Tools für den Online-Austausch

Wie man diesen lebhaften Austausch in die Wege leitet, führte Ruhten­berg auf simple, aber über­zeugende Weise vor: Ein einfacher QR Code führte die Smartphones der Vortragsgäste in die Cloud, die Ruhtenberg selbst für Lehrveranstaltungen an der Universität Borås nutzt. Ein weiterer Link öffnete ein Videopaper, eine Art digitales Video-Portfolio, das zielgenaue Arbeitsbespre­chungen ermöglichte. Viel Zeit nahm sich Ruhtenberg für die technischen Möglich­keiten, Stu­dierende im Schulpraktikum zu begleiten und deren professionelle Reflexion zu unterstützen. Unter anderem baute er mit wenigen Handgriffen ein Videosystem auf, mit dem sich Unterrichts­handeln „tracken“ und kommentieren ließ. Abschließend gab es auch für die Abendveranstaltung anregendes Feed­back per Smartphone – keine neue Erfahrung zwar für den Vortragenden und sein Publikum, aber ein runder Abschluss für das Feuerwerk von Lösungen, die das Netzwerken in Schule und Hochschule leichter machen.

Das Projekt proPIC

Die europäische Hochschulkooperation proPIC ist ein Erasmus-Plus-Projekt, das 2017 an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe seinen Anfang nahm. Koordiniert von Prof. Dr. Götz Schwab gemeinsam mit Mareike Oesterle verbindet es Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler an der Universitat de Barcelona (Spanien), der Högskolan i Boras (Schweden), der Newcastle University (Vereinigtes Königreich) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. proPIC intendiert die Professionalisierung angehender Schul- und Hochschul­lehrender, besonders im Bereich des Fremd- und Zweitspracherwerbs, durch länderübergreifende Zusam­menarbeit, unter Einsatz mobiler Technologien und mit einem besonderen Schwerpunkt auf gemeinsamen Forschungsvorhaben. Ergebnisse des proPIC Projekts sollen zukünftig in unterschiedlichen europäischen Bildungs- und Studienplänen Verwendung finden.